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Dr. Kristin Körner, Abteilungsleiterin im Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Sachsen-Anhalt

Wesentliche Faktoren sind Unterstützung der Führung, Geduld und engagierte beteiligte Menschen

Mit Blick auf das Landesprogramm RÜMSA hob Dr. Kristin Körner für Sachsen-Anhalt als wesentliche Faktoren einer erfolgreichen Zusammenarbeit Geduld, engagierte Personen, die gut im Team zusammenarbeiten und eine aktive Unterstützung durch die jeweilige Führungsebene hervor.

Die regionale Gestaltung ist besonders in einem Flächenland wichtig

Die Erfahrungen aus Sachsen-Anhalt zeigen, dass man gerade mit Hinblick auf unterschiedliche Flächenlandkreise den Raum für die Entwicklung und Ausgestaltung eigener, regionaler Wege geben müsse.

Zum Start sind zusätzliche personelle Ressourcen enorm wichtig

Von Beginn an herrschte in Sachsen-Anhalt die Überzeugung, dass es einer „Anfangsinvestition“ bedarf, um den Auf- und Ausbau einer Servicestruktur zu ermöglichen. So hat Sachsen-Anhalt auf regionale Koordinierungsstellen gesetzt. Diese Stellen haben die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit in den Kommunen unterstützend begleitet und damit Regionen vorangetrieben.

Es bedarf der Entwicklung „interkultureller bzw. interbehördlicher Kompetenz"

Sich gegenseitig zu verstehen und den Mehrwert von Zusammenarbeit zu erleben: Beides beschleunigt die Entwicklung rechtskreisübergreifender Arbeit.

Auch nach mehreren Jahren der Zusammenarbeit kann gar nicht genug betont werden, wie stark die unterschiedlichen Kulturen und „Sprachen“ der beteiligten Organisationen den Prozess beeinflussen können. Die Mehrzahl der Beteiligten hat jedoch erkannt, wie sehr sich die Investition in „Übersetzungen“ von organisationsbezogenen Sichtweisen und die bewusste Einnahme der Perspektive der jeweils anderen Seite lohnt.

Die Erfahrung von RÜMSA zeigt: Das Verständnis für die Arbeitsweise der jeweils Anderen und die Bereitschaft voneinander zu lernen konnten dort entstehen, wo es gelungen ist, die Akteure in ein produktives und zielgeleitetes Miteinander-Tun zu bringen. Vertrauen und Intensität in der Zusammenarbeit werden durch kurze Wege über den Flur, gegenseitige Hospitationen und gute Fortbildungen gestärkt. Gemeinsame Fallbesprechungen und Projekte gehören daher in Sachsen-Anhalt ebenso wie eine thematische Fachgruppenarbeit zu den wirksamsten Basiszutaten einer gelungenen rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit.

Unterstützung der regionalen Weiterentwicklung und Nachhaltigkeit durch das Land

Darüber hinaus habe man in RÜMSA auf die qualitätsfördernde Funktion einer begleitenden Landesnetzwerkstelle gebaut. Sie habe u. a. mit Veranstaltungen und einem Monitoring dazu beigetragen, die Weiterentwicklung qualitativ zu stärken.

Auf Landesebene ist die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit in Form der Steuerungsgruppe RÜMSA gespiegelt worden. Diese interministeriell besetzte Arbeitsgruppe hat das Landesprogramm unter Einbeziehung der Bundesagentur für Arbeit und kommunaler Spitzenverbände begleitet.

Mit Blick auf die Nachhaltigkeit stellt sich der wichtigste Erfolg anhand von Verwaltungsvereinbarungen dar. Nahezu alle Gebietskörperschaften haben spätestens zum 1. Juli 2022 eine solche Vereinbarung auf den Weg gebracht in der die JBA-Koordinierungsstellen dauerhaft verankert seien, in der Regel mit einer gedrittelten Finanzierungsform durch alle drei Rechtskreise. Dieses Ergebnis ist in enger Kooperation von Land und der Bundesagentur für Arbeit entstanden.

Es braucht gute Kommunikation nach außen durch neue Formate der Politik

Zu einer guten Kommunikation nach außen, um die neuen Strukturen breit bekannt zu machen, gehörten neue Formate der Politik, auf allen Ebenen. Politik habe u. a. die Aufgabe, die Komplexität von Sachverhalten zu reduzieren und diese den Menschen gut zu vermitteln. Das Feld der Berufsorientierung und des Übergangs sei vielschichtig. Hier gibt es keine einfachen Lösungen, wie z. B. eine zentrale Ausbildungskoordinator*in im Land, der oder die alles weiß und richtet. Auch Jugendberufsagenturen seien komplex und nicht einfach zu erklären. Erfahrungsgemäß geht das am besten mit lebendigen (Erfolgs-)Geschichten.

Für ein gutes Storytelling brauche es wiederum auch an Bildungsketten interessierte Journalist*innen, die dazu beitragen, die Erfolge gut in die breite Öffentlichkeit zu transportieren.

Es braucht politischen Rückhalt für die Akteur*innen vor Ort

Ein politisches Commitment sei grundlegend wichtig und müsse Prozesse von unten nach oben begleiten. Hinzu komme die Bereitstellung von Ressourcen. Das Beispiel Koordination habe gezeigt: keine zu haben, sei einerseits unwirtschaftlich, andererseits bedeute es „Ausbeutung“ derjenigen, die leidenschaftlich motiviert diese Aufgabe zusätzlich machten. Es entspreche dem Gedanken an Nachhaltigkeit, wenn die Mitarbeitenden auch motiviert bleiben, indem sie für ihre Arbeit eine unterstützende Wertschätzung erfahren und Zeit zur Verfügung gestellt bekommen.

Rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit am Übergang Schule-Beruf ist rentabel

Rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit rentiert sich da, wo die Verknüpfung von Behörden, Schulen und Betrieben gelingt und dadurch junge Menschen über betriebliche Praktika auch in der Region bleiben. Diesen Effekt könnte man sicherlich monetär nachweisen. Auch, dass sich die Koordinierungsstellen wirklich „lohnen“.

In der Förderlaufzeit habe immer wieder die Frage im Raum gestanden, wie man die Jugendämter stärker ins Boot hole und den Mitarbeitenden einen Mehrwert vermittle, den sie durch die Zusammenarbeit erhielten. Als Beispiel nannte Dr. Kristin Körner den Ansatz, sich gemeinsam mit der Jugendhilfe dafür stark zu machen, die so genannten Careleaver zu unterstützen, den Weg aus der stationären Jugendhilfe in die Selbständigkeit und eine berufliche Ausbildung in der Verzahnung von SGB XIII und II gelingend zu unterstützen.

RÜMSA ist nachhaltig - es bleibt

Zum Thema Nachhaltigkeit in Sachsen-Anhalt unterstrich Dr. Kristin Körner, dass die Idee von RÜMSA an vielen Orten weiterlebe und sich verbreite.

Ganz konkret gehe es in der neuen ESF Förderperiode zusammen mit dem Nachbarprogramm „Zielgruppen- und Beschäftigungsförderung“ in REGIO AKTIV in einer größeren Programmstruktur auf. Zudem sei nach sieben Jahren Förderung deutlich geworden, dass die geschaffenen Strukturen nachhaltig fest verankert werden müssen. Das ist geschafft. So werden die JBA-Koordinierungsstellen finanziell ausgestattet und fortgeführt. Die geschaffenen Jugendberufsagenturen werden per 30.06.2022 - bildlich gesprochen - ihren Berufsabschluss machen und dann wird es lauter „Junggesell*innen“ geben. Die gehen dann ins Berufsleben über, sind aber natürlich noch nicht „fertig“. Jetzt gehe es darum, die „Schätze zu heben“ und ein gutes Storytelling zu machen. Um die Entwicklung vor Ort weiter voranzutreiben, werde es wieder eine Netzwerkstelle - genannt „Regio-Netzwerkstelle“ - geben, die das f-bb ausfüllen wird. Mit dem neuen Programm wurden Lücken identifiziert und Unterstützungsbedarfe. Daher werde es auch eine Förderung von Stellen in der Jugendhilfe geben, die so genannten Jugendhilfeberater*innen (JUBE), mit denen die Jugendämter personelle Unterstützung bekommen können, um die koordinierenden Aufgaben der Jugendhilfe in der Jugendberufsagentur leisten zu können. Zudem werde die Berufsorientierung und damit verbunden auch Arbeit mit den Eltern gefördert, um stärker an die regionalen Bedarfe heranzukommen und um junge Menschen besser in der Region zu halten.