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Susanne Kretschmer, Geschäftsführerin des Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb)

Ein klarer politischer Wille, eine Vision sind ausschlaggebend für den Erfolg von Jugendberufsagenturen

Die wissenschaftliche Analyse von Jugendberufsagenturen zeige, dass die Kommunen ihrerseits viel beitragen könnten, die Strukturen vor Ort gewinnbringend für alle Beteiligten auszugestalten. Susanne Kretschmer bekräftigte, wie wichtig dabei das Engagement aller Beteiligten vor Ort sei. Ein klarer politischer Wille für Jugendberufsagenturen und eine klare Vision, was mit einer Jugendberufsagentur für die Region erreicht werden solle, seien ausschlaggebend für den Erfolg.

Im Kern geht es um eine bürgernahe und dienstleistungsorientierte Verwaltung

Im Vordergrund stehe natürlich die gute Beratung von jungen Menschen am Übergang Schule-Beruf. Wichtig sei es aber auch, eine bürgernahe, dienstleistungsorientierte Verwaltung zu schaffen. Nicht zuletzt gehe es auch darum, durch eine gute Zusammenarbeit in kommunalen Bereichen, eine höhere Servicequalität zu erzielen und damit der Politikverdrossenheit der Bürger*innen ein Stück weit entgegenzuwirken.

Politik muss verstehen: „Keiner soll allein gelassen werden“ – das geht noch über die jungen Menschen hinaus

Bereits in der Anfangszeit der Idee von Jugendberufsagenturen habe es geheißen „Keiner soll verloren gehen“. Heute wäre diese Aussage zu ergänzen um „Keiner soll allein gelassen werden“. Denn es gehe natürlich weiterhin um die jungen Menschen und ihre Familien, aber auch um Lehrerinnen und Lehrer, die Unternehmen und die Menschen in der Region. Das über uns allen hängende „Damoklesschwert ‚Fachkräftemangel‘“ habe in Verbindung mit dem demografischen Wandel und den großen Zahlen an Beschäftigten, die in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen, massive Auswirkungen auf alle Wirtschaftsbranchen und die gesamte öffentliche Infrastruktur. Umso wichtiger und drängender sei es, jungen Menschen berufliche Chancen für sich selbst, aber auch in der Region noch besser aufzuzeigen und sie und ihre Familien bei beruflichen Bildungswegen zu unterstützen. Jugendberufsagenturen seien also auch ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Der Nutzen könne weit über die Zielgruppe der jungen Menschen hinaus auf die Region wirken.

Jetzt gehe es darum das, was die Jugendberufsagenturen aufgebaut haben, bekannter zu machen. und das aufgebaute Wissen in der Kommune stärker zu verankern. Man müsse auch schauen, was die jungen Menschen und die Unternehmen noch benötigen und wie Behörden hier vielleicht „Vermittler“ sein können. Wesentliche Aufgabe der Akteur*innen sei es, der Politik den Sinn dieser Strukturen, die Erfahrungen, die gesammelt wurden und den Mehrwert über „gute Geschichten“ deutlich zu machen, damit sie die Entwicklungen weiter unterstützten.

Die verstärkte Zusammenarbeit ermöglicht erst, dass Jugendliche in ihrer gesamten Persönlichkeit wahrgenommen werden

Durch die verstärkte Zusammenarbeit der Rechtskreise würden die Jugendlichen zunehmend in ihrer gesamten Persönlichkeit und Situation wahrgenommen werden und nicht nur mit dem Blick aus einem einzelnen Rechtskreis heraus.

Unternehmen als Partner für Jugendberufsagenturen gewinnen

Für Unternehmen stellten sich die Angebote am Übergang Schule-Beruf, wie die Einstiegsqualifizierung oder die assistierte Ausbildung, häufig, nach wie vor noch, als „Maßnahmedschungel“ dar. Daher brauche es auch für sie eine Art „One-Stop-Shop“ – ein Begriff aus der Wirtschaft – als eine Anlaufstelle, die sie gebündelt über passende Instrumente aus den Sozialgesetzbüchern, aber auch aus Landes- und Bundesprogrammen, informiert. Ggf. könne hier auf kommunaler Seite eine Verknüpfung mit dem Konzept der Jugendberufsagentur hergestellt werden. Über gute Praxis aus den Unternehmen und Storytelling könne es dann noch besser gelingen, gute Erfahrungen weiterzutragen, auch in die Politik, um wiederum die Strukturen der Jugendberufsagenturen zu abzusichern.

Als wesentlichen Standard gelte es, den Informationsfluss zwischen den Partner nachhaltig zu regeln

Zur Frage von Mindeststandards gibt Susanne Kretschmer zu bedenken: es sollten nur wesentliche und gut einzuhaltende Standards vereinbart werden, da der mit der Verständigung auf gemeinsame Standards verbundene Prozess sehr zeitaufwendig sein könne. Verbindliche Vereinbarungen, die den Informationsfluss zwischen den Partnern regelten, seien dabei grundlegend wichtig. Sie sorgten dafür, auch mit Personalfluktuationen gut umgehen und Wissen für das Team absichern zu können. Hilfreich seien auch Vereinbarungen zu regelmäßigen Zusammenkünften, um einen Informations- und Erfahrungsaustausch zu gewährleisten. Außerdem sollte es eine Einigung über die Marke und den Kern eines Bündnisses geben, so dass das Gesicht, die Sprache und die Botschaft nach außen klar verständlich und einheitlich seien. Denn das schaffe wiederum Vertrauen und Verlässlichkeit.